Erinnerung an Emma Weiß

(Fotos sind nur zur privaten Verwendung freigegeben, © Marcus Beer)     

                             

Emma Weiß

Heuerstraße 9 (Garage)


Emma Weiß wurde am 20. November 1887 als Tochter des Kaufmanns Samuel Sußmann und seiner Frau Elisabetha, geb. Selig – einer Hechtsheimerin, älteste Tochter des Hechtsheimer Fruchthändlers Ludwig Selig und seiner Frau Esther, geb. Sondheimer –  in Alsbach an der Bergstraße geboren. Dort heiratete sie im Oktober 1910 Emil (genannt Eduard) Weiß, der aus der weit verzweigten Hechtsheimer Familie Weiß stammte und am 18. September 1882 geboren worden war. Das Ehepaar wohnte im eigenen Haus in der Heuerstraße 7. Von 1914 bis 1918 nahm Eduard Weiß am Ersten Weltkrieg teil.

    
Seine Eltern waren der 1845 in Hechtsheim geborene Metzgermeister Leopold Weiß und seine Frau Babette, geborene Neuberger, die aus Bensheim an der Bergstraße stammte. Babette Weiß starb 1917, ihr Mann Leopold 1927. Beide ruhen auf dem Hechtsheimer jüdischen Friedhof. Leopold Weiß wiederum war ein jüngerer Bruder von Abraham Weiß, Sohn von Joseph Weiß und Enkel von Marx Weiß, die im Erinnerungsblatt von Julius und Elisabeth Weiß genannt sind.

                            

Eduard Weiß wurde Metzger wie sein Vater, war jedoch ab Ende der 1920er Jahre als Makler tätig. Zum 50jährigen Bestehen des Hechtsheimer Männerquartetts 1929 inserierte er in dessen Festschrift: „Kommissionsgeschäft, Vermittlung von Immobilien, Landesprodukte und Futtermittel“. Gemeinsam mit seiner Frau hatte er vier Söhne: Otto, Ludwig (später Louis), Arthur und Heinz (später Harry), geboren zwischen 1911 und 1921. Die Kinder besuchten die Hechtsheimer Volksschule und machten anschließend eine Ausbildung. Otto wurde kaufmännischer Lehrling im Lederwarengeschäft Gebrüder Marxsohn in der Mainzer Emmeransstraße, arbeitete nach 1933 im väterlichen Geschäft und konnte 1935, noch vor dem Tod seines Vaters, nach Südafrika auswandern. Seine Brüder Ludwig und Arthur emigrierten ebenfalls nach Südafrika.

                 

Heinz, der jüngste Sohn, ging ab 1935 zur jüdischen Bezirksschule in Mainz und erlernte das Polsterer- und Tapeziererhandwerk in der Firma Ludwig Weiß in der Großen Bleiche – eine Genehmigung für diese Ausbildung hatte ihm der NS-Staat bereits verwehrt. 1938 zog er nach Karlsruhe, wo er im Oktober 1940 in die Verhaftungswelle der Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland geriet und in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert wurde. Er überlebte mehrere Lager in Frankreich sowie die Zwangsarbeit für die Wehrmacht in den Festungen an der französischen Küste und gelangte schließlich in die USA. Gemeinsam mit seinem Bruder Otto besuchte er die Begegnungswoche Mainzer Juden im Jahr 1993.

Der Vater Eduard Weiß, seit 1930 zweiter Vorsteher der hiesigen jüdischen Gemeinde, starb am 3. Dezember 1935 im Alter von 53 Jahren und wurde auf dem Hechtsheimer jüdischen Friedhof bestattet. Seine Beerdigung war die vorletzte, die auf diesem Friedhof stattfand. Nichtjüdische Teilnehmer, die ihm in alter Verbundenheit die letzte Ehre erwiesen, wurden vom Ortsgruppenleiter der NSDAP und zugleich Bürgermeister „strengstens verwarnt“.
                                            

In der Pogromnacht des 9./10. November 1938 wurde das Haus von Emma Weiß, die inzwischen allein in Hechtsheim lebte, von einer Nazi-Horde heimgesucht und weitgehend zerstört. In ihrer Not suchte sie Anfang Januar 1939 in ihrem Geburtsort Alsbach Schutz, wo noch ihre Mutter und weitere Verwandte wohnten. Von ihrem letzten Wohnsitz, der Heinrichstraße 3 in Darmstadt, einem der Darmstädter „Judenhäuser“, wurde sie am 30.September 1942 im Alter von 54 Jahren deportiert und kurz darauf, vermutlich in Treblinka, ermordet.
Auf der erhalten gebliebenen Liste der Gestapo Darmstadt mit 883 Namen der Opfer aus dem früheren Volksstaat Hessen – Emma Weiß ist hier unter der Nr. 874 genannt – steht in zynischer Verschleierung „Wohnsitzverlegung nach dem Generalgouvernement“. In diesem Transport fuhren auch David Kapp sowie die Eheleute Weiß in den Tod.

                                 

Quelle: Verein Hechtsheimer Ortsgeschichte, Bearb. Frau Renate Knigge-Tesche.

           

Bilder: © Marcus Beer

           

             

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Ich bin das Seitenende und soll den Balken unter mir festhalten.

 



 

    

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